Giosué Tolomeo kann bereits auf einige Jahre Berufserfahrung zurückblicken – und das gerade Mal mit Anfang 30! Die Gastronomie wurde dem gebürtigen Bietigheimer quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater betrieb bis 2014 die „Trattoria LaVita da Mimmo“ in Bietigheim. Gio, wie ihn alle liebevoll nennen, übernahm nach seinem Auslandsaufenthalt in Australien ein Vereinsheim in Lauffen am Neckar und führte dann gemeinsam mit seinem Onkel die „Trattoria Il Duvo L’unica“ in Waiblingen. Im letzten Jahr hat er sich dann seinen Traum vom eigenen Lokal erfüllt. Mitten in der Bietigheimer Altstadt, direkt am Flüsschen Metter, eröffnete er im einstigen Gasthaus Bären eine zeitgemäße Trattoria, die den Namen „Pia“ trägt.

Das Ambiente

Der neue Geist spiegelt sich bereits beim Interieur wider. Der Innenbereich ist dem Stil der 1920er-Jahre nachempfunden. Die Farbtöne Ocker und Petrol dominieren, gepaart mit Mailänder Akzenten, Samtstoffen und einer markanten floralen Tapete – ein Ambiente, das sowohl modern als auch gemütlich wirkt. Für die Einrichtung zeichnet der Stuttgarter Innendesigner Cyrus Ghanai verantwortlich und man muss konstatieren: er hat es geschafft, dass Behaglichkeit und Noblesse die Stimmung des Lokals positiv beeinflussen. Beeindruckend die warme Beleuchtung, die sich auf die blauen Tischoberflächen konzentriert und somit den verschiedenen Gerichten Auftritte wie unter dem Licht eines Bühnenscheinwerfers beschert.

Dass man hier eine lässige, unkomplizierte Atmosphäre pflegt wird schnell deutlich: Aus den Wandboxen ertönt flotte Musik und der Chef stellt sich am Tisch direkt persönlich vor: „Buonasera – ich bin der Gio“! Beim Blick in die Speisekarte stellt man fest: Die angebotenen Speisen unterscheiden sich erheblich von denen, die üblicherweise in solchen Lokalitäten serviert werden. Hier sind die Gerichte die Stars, die Tische ihre Bühne und von einigen Plätzen des Restaurants können sich die Gäste ein wenig wie das Publikum fühlen, das den Protagonisten in der offenen Küche bei der Arbeit zuschaut.

Das Essen

Die regelmäßig an saisonale Produkte angepasste Karte bietet eine schöne Speisenauswahl: von ideenreichen Vorspeisen über Fisch und Fleisch bis Pasta. Letztere ist natürlich hausgemacht, darum kümmert sich der Chef ganz persönlich. Sämtliche Speisen kommen optisch wie geschmacklich ausgesprochen ambitioniert daher, ganz anders, als es der Gast vom „üblichen Italiener um die Ecke“ kennt.

Die Vorspeise entpuppt sich als maritimer Gruß voller Frische und Raffinesse: Fein abgestimmte Aromen des Meeres vereinen sich in einem Trio aus schottischem Lachs, zartem Thunfisch und aromatischen Miesmuscheln. Begleitet wird diese Variation von einem lebendigen Limonen-Koriander-Sorbet, das mit seiner Zitrusfrische und kräuterigen Note einen kühlen, überraschenden Kontrast setzt. Eine samtige Moqueca-Emulsion, inspiriert vom brasilianischen Fischeintopf, verleiht dem Gericht Tiefe durch Kokos, Paprika und feine Gewürze. Fruchtige Tomatensalsa bringt Frische und Leichtigkeit, während ein fein abgeschmeckter Limettenriso die Aromen elegant auffängt und das Ensemble harmonisch abrundet.

Noch facettenreicher gelang das beim Hauptgang. Ein butterzartes Rinderfiletmedaillon, auf den Punkt gegart, entfaltet in Begleitung eines tiefgründigen, samtigen Montepulciano-Jus sein volles Aroma – eine Verbindung von kräftigem Rotwein, Röstaromen und der Würze reduzierter Fleischsäfte. Frische Spaghetti, al dente gekocht, sorgen für Struktur und verbinden sich hervorragend mit der feinen Kartoffel-Parmesan-Creme, die mit ihrer buttrig-salzigen Note eine feine Balance zur Kraft des Jus bildet. Die süßlich-intensiven karamellisierten Zwiebeln und saftigen Cherrytomaten setzen geschmackliche Akzente, während gebratene Kräuterseitlinge mit nussig-umamiartigem Aroma und fleischiger Textur das Gericht erden. Ein besonderer Clou in punkto Optik: der knusprige Parmesanchip, der auf dem Fleisch für einen kraftvollen, salzigen Crunch sorgt und das Spiel der Texturen meisterhaft vollendet.

Die Dessertauswahl ist nicht übermäßig groß, aber kein Problem – bei mir war sowieso kein Platz mehr für einen Nachtisch. Den perfekten Abschluss bietet hingegen der heiße und ausgesprochen aromatische Espresso aus der Siebträgermaschine. Die Weinkarte ist durchaus noch ausbaufähig. Der Schwerpunkt liegt – wie könnte es anders sein – auf italienischen Gewächsen.

Fazit

Hier kommt man als Gast und geht als Freund. Padrone Giosué Tolomeo ist ein Gastronom mit Leib und Seele. Die Leidenschaft und Motivation von ihm und seinem Team spürt man während des gesamten Restaurantaufenthalts. Nicht nur das Ambiente, auch die Präsentation der Speisen sind eine Augenweide. Die Gerichte werden raffiniert zubereitet, sind kreativ und schmackhaft. Dazu ein lockerer, unkomplizierter Service. Was will man mehr?! Für uns eine der spannendsten Neueröffnungen der letzten zwei Jahre im Landkreis Ludwigsburg.

Übrigens: Sonntags verwandelt sich das Restaurant mal kurzerhand in „PIA’S BREAKFAST CLUB“. Hier kommen sowohl Frühaufsteher als auch Langschläfer auf ihre Kosten, denn geöffnet ist von 9 bis 14 Uhr! Die Karte bietet attraktive Frühstücksvariationen zu fairen Preisen – hier ist definitiv für jedermann etwas dabei.

Restaurant Pia | Holzgartenstraße 1 | 74321 Bietigheim-Bissingen
Öffnungszeiten: Mi-Sa 18:00 – 23:00 Uhr, So 9:00 – 14:00 Uhr & 18:00 – 21:30 Uhr

Bildquellen

  • Restaurant Pia Bietigheim, Gastgeber: © Pia Bietigheim
  • Restaurant Pia Bietigheim, Foodbild: © Pia Bietigheim
  • Restaurant Pia Bietigheim, Tisch mit Gästen: © Pia Bietigheim
  • Restaurant Pia Bietigheim, innen: © Pia Bietigheim
  • Restaurant Pia Bietigheim, innen: © Pia Bietigheim
  • Restaurant Pia Bietigheim, innen: © Pia Bietigheim
  • Restaurant Pia Bietigheim, Vorspeise: © Varta
  • Restaurant Pia Bietigheim, Hauptgang: © Varta
  • Restaurant Pia Bietigheim, offene Küche: © Pia Bietigheim