Zur Person
Wenn sich eins wie ein roter Faden durch Edip Sigls Karriere zieht, dann ist es seine Arbeit in den besten Restaurants des Landes. Alle Stationen seiner beruflichen Laufbahn gehören der Sternegastronomie an – darunter das Gut Lärchenhof in Pulheim, das Hugos in Berlin oder die Residenz Heinz Winkler in Aschau. Nachhaltig geprägt wurde seine Art zu kochen aber durch eine Weltreise im Jahr 2012, von der Edip unzählige Einblicke und kulinarische Inspirationen mitbrachte. Anschließend arbeitet er im Restaurant Les Deux in München, wo er 2019 zum Küchenchef aufstieg. Seit 2021 kocht Edip Sigl im Restaurant es:ssenz im Hotel Das Achental im Chiemgau.
Das Interview
Warum sind Sie Koch geworden?
Ich wollte einen handwerklichen Beruf ausüben, das war mir wichtig. Ich hatte an Schreiner oder Koch gedacht, wo man sieht, was man geschaffen hat. Meine Entscheidung ist für den Koch gefallen, weil ich dachte, dass ich damit im Alltag viel mehr anfangen kann. Essen muss schließlich jeder.
Was ist für Sie das Wichtigste beim Kochen?
Wichtig für mich ist ein respektvoller Umgang mit den Produkten, egal ob Fisch, Fleisch oder Gemüse. Ich biete diesen Produkten eine Bühne und sehe meine Aufgabe darin, sie miteinander harmonisch in Szene zu setzen, um ein für mich perfektes Geschmacksbild zu erzeugen, ohne den jeweiligen Produktcharakter zu verlieren. Meine Gerichte kann man auch so beschreiben, dass so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich an Komponenten auf den Teller kommen, um die Reinheit, die ES:SENZ der einzelnen Zutaten klar und ausdrucksstark zu schmecken.
Woher holen Sie sich die Inspiration für Ihre Speisekarte?
Es spielen viele Faktoren eine Rolle, einer davon ist ganz sicher die Jahreszeit, die Natur und die damit verbundene Produktpalette, aber genauso der Austausch mit meinen regionalen Lieferanten. Auch mein Team spielt eine wichtige Rolle, wir reden viel miteinander, tauschen Ideen aus und probieren gemeinsam viel Neues aus.
Welches Essen macht Sie glücklich?
Das können viele Gerichte sein, ich habe nicht dieses eine Lieblingsessen. Für mich kann es heute eine Suppe, morgen Sushi oder eine Pasta sein. Mich macht Essen glücklich, wenn gute Zutaten mit Können und Liebe zubereitet sind – und mit Familie und Freunden gegessen wird.
Was würden Sie niemals essen?
Ich würde fast alles probieren, aber was ich wirklich nicht gerne esse und mir auch nicht bestellen würde sind Innereien.
Was bringt Sie aus der Fassung?
Das geht glaube ich nicht so schnell, weil es mich und alle um mich herum nicht weiterbringt. Ich bin immer positiv gestimmt und suche nach Lösungen.
Haben Sie kochende Vorbilder?
Es gibt für mich nicht dieses eine Vorbild, ich bewundere viele Köche, und das Schöne dabei ist, dass es so eine Vielfalt an Köchen und Stilistiken gibt und erst die verschiedenen Charaktere alles so besonders machen.
Mit welchem Politiker oder welcher Politikerin würden Sie gerne einmal gemeinsam essen?
Also, wenn ich mir einen Politiker aussuchen dürfte, würde ich mich für Angela Merkel entscheiden. Für mich ist es, wie für viele in meinem Alter, als ich angefangen habe, mich mit Politik auseinanderzusetzen, wurde Angela Merkel gerade Bundeskanzlerin. Ich fände es sehr interessant, den Menschen Angela Merkel nach einer so langen Amtsperiode kennenzulernen.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Fine Dining nach der Corona-Pandemie verändern?
Ich glaube, dass wir eine Zeit brauchen werden, bis sich die Gastronomie insgesamt erholt. Während der Pandemie haben so viele tolle Mitarbeiter*innen die Branche verlassen und sich komplett umorientiert. Wir werden alle in den nächsten Jahre damit zu kämpfen haben, qualifizierte Mitarbeiter*innen zu bekommen. Umso wichtiger ist es, jetzt die Gastronomie zu einem attraktiven, sicheren und nachhaltigen Arbeitgeber umzugestalten. Da ist neben attraktiven Gehältern auch das Thema „work life balance“ und Wertschätzung wichtig. Wir versuchen, aktiv diesen Weg zu gehen, flexible Arbeitszeiten, gute Gehäter, Incentives, Weiterbildung sowie Perspektiven anzubieten, und natürlich muss es Spaß machen, im Team zu arbeiten, also auch die Atmosphäre muss stimmen. Das alles betrifft auch das Fine Dining. Zudem denke ich werden uns die Themen Nachhaltigkeit, Regionalität, Vegetarisch und Vegan noch intensiver begleiten, Genuss mit Verantwortung. Was auch wichtig ist – und sich schon in die richtige Richtung entwickelt: Es ist nicht mehr nur der einzelne Koch der Star, sondern das ganze Team mit Küche und Service.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit und wie erholen Sie sich?
Ich verbringe meine Freizeit am allerliebsten mit meiner Familie. Meine Frau und ich haben uns hier im Chiemgau ein wunderschönes Zuhause geschaffen, wir haben zwei Töchter und die wollen erst einmal beschäftigt werden. Aber genau das ist die Zeit, wo ich am besten und am liebsten abschalten kann.
Bildquellen
- Edip Sigl, Porträt: © Das Achental
- Edip Sigl, Foodbild: © Christopher Busch
- Restaurant es:senz: © Das Achental
- Heiko Lacher, Potrait: © Restaurant ANIMA
- Kevin Gideon, Porträt: © Restaurant Kevin Gideon
- Tobias Schmitt, Porträt: © favorite restaurant