Ribeye, Tomahawk und Co.: Ein Blick auf die Hochrippe beim Rind

Ich bin mir sicher: Würde man 100 Fleischesser (m/w/d) nach Steakcuts befragen, würden wohl neben dem beliebten T-Bone viele das Tomahawk als favorisierten Steakcut benennen. Die Gründe sind offensichtlich: Der lange Knochen wirkt nicht nur archaisch und weckt längst vergessene Instinkte, auch die fleischige Hauptrolle überzeugt meist mit kräftig rotem Fleisch und appetitlich-weißen Fettäderchen. Ein Kontrast, der zum Schlemmen einlädt.

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Geschmack durch Knochen?

Viele Köche behaupten, der Knochen am Steak würde Geschmack ans Fleisch abgeben, das ist aber mehr Placebo als Realität. Wir kennen das von einer guten Brühe, bei denen die Knochen für mehrere Stunden ausgekocht werden müssen. Bei den kurzen Garzeiten auf dem Grill oder in der Pfanne findet aber keine Osmose statt, also die Übertragung von Mineralien und Eiweißen auf die Flüssigkeit bzw. das Fleisch. Der Knochen ist bei Kurzgegartem daher ausschließlich Eyecatcher und kein Geschmacksgeber.

Die Unterschiede: bone in

Manchmal spielt die Länge doch eine Rolle, vor allem wenn es um das Tomahawk geht. Der Knochen hat handelsüblich eine Länge von ca. 30 cm und es handelt sich um einen Rippenknochen mitsamt Übergang zur Wirbelsäule, der am vorderen Teil des Tiers [hinter der Schulter] beheimatet war. Von der Schulter zum Bug des Rindes verjüngt sich der Brustkorb, wie auch bei uns Menschen, und die Rippen werden am Ansatz geschwungener. Weil die typische, relativ geradlinige Form des Tomahawk dann verloren geht, werden die Rippen an den Rundungen mit der Knochensäge gekürzt: Das Cowboy-Steak ist geboren.

Schema Rind und Steakcuts

Die Unterschiede: bone out

Betrachten wir den schieren Muskel des Rinderrückens, beheimatet der im oberen Teil (zum Kopf hin) die Hochrippenpartie. Aus dieser schneidet man Entrecôte und/oder Ribeye: Faktisch sind die Zuschnitte heute gleich, früher wurde jedoch “entre” (=zwischen) “côte” (=Rippen) geschnitten, während das Ribeye traditionell auf dem Rippenknochen geschnitten  wird. Einen geschmacklichen Unterschied zwischen Ribeye und Entrecôte kann man beim Steak aber nicht ausmachen.

Allgemein: Der Rückenmuskel

Beim geamten Rückenmuskel des Rinds spricht der Metzger vom Roastbeef. Das “Roastbeef” in der Küche hat aber eine andere Bedeutung, hier ist es der hintere Teil des Rückenmuskels, den der Metzger wiederum “flaches Roastbeef” nennt. Der Name ist Programm: Ausgehend von der Rückenmitte wird der Muskel zur Hüfte hin immer flacher. Zur Schulter laufend hingegen verändert sich der Rückenmuskel und andere Muskelpartien entstehen, so dass das charakteristische Fettauge zwischen mehreren Muskeln in der Hochrippe entsteht. Auch die Marmorierung wird in der Regel zur Hochrippe hin immer stärker, so dass Ribeye oder Entrecôte zurecht als hochwertigere Stücke gelten. Im Nacken werden die Muskeln im Vergleich zum Rücken dann wieder stärker beansprucht und dadurch zum Teil zäher; es gibt jedoch Ausläufer des Rückenstrangs, die man mit ein bisschen Kenntnis aus dem Nackenstück (auch “Zungenstück” genannt) auslösen und als großartige Steaks verwenden kann, während die Abschnitte und der Rest des Nackens als wunderbares Fleisch für Hamburger dienen.

Übrigens:

Das “Eye” (= engl. “Auge”) im Ribeye beschreibt nicht das Fettauge, auch wenn diese Erklärung naheliegend ist. Das “Eye” ist beim amerikanischen Metzger der große, rundliche Muskel, an dem das Fettauge anliegt.

Ich hoffe, die Zeilen haben Euch geholfen und ihr versteht nun, aus welchem Teil des Rückens das Steak auf Eurem Teller geschnitten wird; im Zweifelsfall hilft eine erneute Nachfrage beim freundlichen Metzger oder ein guter Grillkurs.

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Bildquellen

  • Wagyu, Tomahawk: © BZS - Thomas Holzportz
  • Tomahawk-Steak auf dem Holzkohlengrill: © BZS - Thomas Holzportz
  • Wagyu-Tomahawk-Steak gegrillt mit Tomaten und Salat: © BZS - Thomas Holzportz
  • Rind Knochenbau: © scusi - stock.adobe.con
  • Schema Rind und Steakcuts: © Taras Livyy - stock.adobe.com
  • Dry aged Rinderrücken im Reifeschrank: © BZS - Thomas Holzportz
  • Dry-aged Beef-Steaks roh: © BZS - Thomas Holzportz
  • Ribeye-Steak roh: © BZS - Thomas Holzportz
  • Ribeye-Steak gegrillt: © BZS - Thomas Holzportz
  • Ribeye-Steak medium gegrillt und aufgeschnitten: © BZS - Thomas Holzportz